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Prunkpendule mit Boulle- Marketerie, sog. Boulle-Uhr

Object type:Pendule
Creator:
C. F. Werner & L. Piglhein, Hamburg
Place of creation:Hamburg
Date:~1872
Measures:Gesamt: Höhe: 107 cm; Breite: 60 cm; Tiefe: 28 cm
Material:Schildpatt
Messing
Holz
Sogenannte Boulle-Pendulen gehören zu den herausragenden kunsthandwerklichen Objekten des Barock. Der Name leitet sich von der aufwendigen Einlegearbeit her, mit der die Gehäuse dieser Uhren (und auch anderer Möbelstücke) verziert sind (zur Boulle-Marketerie s.u.). Solche Uhren wurden im ausgehenden 17. Jahrhundert und frühen 18. Jahrhundert ursprünglich für den französischen Hof aus den feinsten Materialien und von den besten Handwerkern ihrer Zeit hergestellt. Auch Jahrhunderte später galten Uhren dieser Machart als absolute Luxusobjekte. Daher wurden und werden Uhren in diesem Stil auch immer wieder neu produziert. Unsere sogenannte Boulle-Uhr ist eine solche Neuproduktion von ~1872. Darauf weist u.a. der Aufkleber der Hersteller „C. F. Werner & L. Piglhein, Hamburg“ hin. Korrekt ist daher die Bezeichnung Prunkpendule in Boulle- Marketerie. Wie bei den anderen Uhren im Schloss Eutin stammen Uhrwerk, Gehäuse, Ziffernblatt und die Schmuckelemente aus unterschiedlichen Werkstätten, bei unserer Prunkpendule stammen sie jedoch auch aus ganz unterschiedlichen Jahrhunderten. Bei so zusammengestellten Objekten spricht man von einer „Mariage“ (frz.) – also einer „Verheiratung“ ganz unterschiedlicher Stilelemente in einem einzigen Objekt.

Uhrwerk & Innenleben
Der älteste Teil der Uhr ist das Uhrwerk, es wurde um 1750 in den Niederlanden hergestellt. Zum Uhrwerk gehört ein aufwendiges Glockenspiel, das verschiedene Musikstücke spielen kann. Diese Musikstücke sind über ein spezielles Ziffernblatt auswählbar s.u. Derzeit (2022) ist das Glockenspiel nicht restauriert, einzelne Glöckchen fehlen und müssten nachgegossen werden.

Ziffernblatt & Zeiger
Das Ziffernblatt der Uhr stammt wie der Korpus der Prunkpendule aus dem 19. Jahrhundert. Es ist sehr aufwendig gearbeitet und besteht aus mehreren Elementen:
Ein Schirm aus Metall verbirgt das im Inneren liegende Uhrwerk. Der Schirm ist farbig bemalt mit einem Programm aus acht Figuren und einem Maskaron, die durch Blumenranken miteinander verbunden sind. Ganz oben sitzt zentral ein mit Lorbeer bekrönter Maskaron mit Strahlenkrone. Direkt unterhalb befinden sich links: Jupiter mit Blitzbündel von einem Adler begleitet symbolisiert das Element Feuer. Cybele mit Füllhorn auf einem Löwen reitend symbolisiert das Element Erde. Rechts symbolisiert Juno, deren Wolkenwagen von Pfauen gezogen wird das Element Luft. Unterhalb symbolisiert Neptun mit Dreizack auf einem von Hippokampen gezogenem Wagen das Element Wasser.
In der unteren Zone sitzen wiederum vier Figuren, diesmal Personifikationen der Jahreszeiten: Im Uhrzeigersinn der Frühling mit Blumengirlande, der Sommer mit Getreidebündeln, der Herbst mit Trauben und Weinschale und der Winter mit langem Gewand sich an einer Feuerschale wärmend.
Auf diesem Schirm liegt das eigentliche Ziffernblatt aus weißer Emaille, das von einem Rahmen aus Goldbronze umgeben und unterteilt wird. Die Zeiger bestehen aus gebläutem Metall, sie zeigen auf einem innen liegenden Kreis römischer Ziffern (Blau auf weißem Emaille) die Stunden an und auf dem weiter außen gelegenen Kreis die Minuten. Diese sind in arabischen Ziffern (Schwarz auf weißem Emaille) angegeben. Unterhalb sind noch drei weitere Ziffernblätter in den Schirm integriert: Links eine Anzeige der Kalendertage von 1-31; mittig die Mondphasen-Komplikation; rechts ist eines von zehn Musikstücken einstellbar, das die Uhr mit ihrem Glockenspiel zur vollen Stunde spielen soll. Derzeit (2022) ist das Glockenspiel (Fachbegriff franz. Carillon) leider nur eingeschränkt abspielbar.

Korpus, Dekoration & Symbolik
Der Korpus der Uhr besteht aus Eichenholz, darauf wurde eine Marketerie (Technik der Einlegearbeit) aus u.a. Schildpatt und Messingblech aufgeleimt (dazu s. weiter unten)

Der geschwungene Korpus unserer Uhr ist vorne und seitlich mit Glas versehen, zum Teil ist das Glas mit goldfarbenem Muster verziert. Das komplexe Uhrwerk und die geschmückten Innenflächen der Uhr sind so sichtbar. Auch die Innenflächen der Uhr sind mit Boulle-Marketerie ausgestattet.
Frontal mittig und auf dem Korpus sind vergoldeten Bronzefiguren aufgesetzt. Unten lagert die Göttin der Fruchtbarkeit und der Ernte Ceres: Blumen wachsen in ihrem Haar, und Getreide fällt aus den Falten ihres Kleides. Zwei Putten bringen ihr einen Blumenkorb und ein Ährenbündel bzw. eine Blumengirlande dar – eine Allegorie der Fruchtbarkeit. Oben schreitet eine Frauengestalt über Wolkengebilde, sie ist bekrönt und mit entblößter Brust dargestellt und trägt einen Palmwedel im Arm. Die Darstellung ist nicht sehr differenziert, möglicherweise fehlen Attribute in ihrer linken Hand, über ihrem Kopf oder zu ihren Füßen. Es könnte sich um eine Allegorie der Tugend oder des Ruhmes handeln. In Zusammenschau mit der unten dargestellten Fruchtbarkeit würde das Programm zu einem fürstlichen Auftraggeber gut passen.
(S. Borges)

Inventory Number: SSE 28

Photographer: Sönke-Ehlert

Image rights: Stiftung Schloss Eutin


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