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Grafik

Objektbezeichnung:Grafik
Sachgruppe:Zeichnung / Grafik
Hersteller:Atelier Haas
Hersteller:
Fruhtrunk, Günter
Datierung:1979
Maße:H: 80 cm, B: 80 cm
Material:Papier
Technik:Siebdruck
Stil:Konkrete Kunst
Individuelles, Emotionales und Literarisches sucht man in den Werken Fruhtrunks vergeblich. Der größtenteils seines Lebens in Frankreich tätige Künstler gehörte zu den bedeutendsten deutschen Vertretern der "Konkreten Kunst".

Die Mappe mit den sieben Drucken ist kennzeichnend für sein gesamtes Oeuvre. Die Blätter werden von flächig-monochromen Balken gegliedert, die diagonal über das Bild geführt sind. Dabei variieren die Balken von Bild zu Bild in Stärke, Farbigkeit und in ihrer jeweiligen Anordnung. Der Eindruck von Tiefenräumlichkeit wird hierbei strikt vermieden. Auf diese Weise ist es für den Betrachter nicht mehr erkennbar, welche Farbe den Hintergrund, bzw. den Vordergrund bildet. Zur Dynamisierung der Bildfläche dienen teilweise gegenläufige Schnitte. Durch die Verbindung schmaler Farbstriche mit dickeren Balken vermag Fruhtrunk die Dynamik noch zusätzlich zu steigern. Ein Spannungsverhältnis erreicht Fruhtrunk dadurch, daß er die Diagonalität des Bildaufbaus in einen Gegensatz zum quadratischen Bildformat, d. h. in eine absolute, in sich ruhende und abgeschlossene Form bringt. Der klare und logische Bildaufbau steht zu der durch ihn selbst erzeugten Erregung des Sehens an sich im Gegensatz. Fruhtrunk bildet nichts ab. Er zeigt keinen Inhalt. Der Inhalt, d. h. das Sehen wird bei ihm zum eigenen Ereignis: "Er ist ein Gegenstand der Reflexion, in dem er nicht betrachtet, sondern nachvollzogen wird."1 Er entsteht erst beim Sehen selbst und wird zu einem aktiven Vorgang.

Betrachtet man alle Drucke in der richtigen Reihenfolge, so zeigt sich, daß die Farbe im Verlauf immer größere Dominanz gewinnt. Teilfelder werden größer und die Farbeffekte bis zum Äußersten an Intensität gesteigert. Im Auge entstehen flackernde Bewegungen, die durch den Bildaufbau und die jeweiligen Farben erzeugt werden: "Die das Sehen lenkende und regulierende Streifenbildung wird von der Kraft der aufbrechenden Farbe immer mehr auf Randpositionen zurückgedrängt."2

Wie seine Künstlerkollegen Rupprecht Geiger oder Raimer Jochims zielte Fruhtrunk darauf, die Farbe oder das Farblicht selbst zu thematisieren, um auf diese Weise den Bildbetrachter für die Vorgänge des Sehens zu sensibilisieren: "Nicht Idealisierung, heroische Spannung, Seinsverklärung und Weltauslegung im Ungegenständlichen und mit Gestik beschwerender Materialität auf der Fläche wird wahrnehmbar: sondern Freisein des Sehens kommt zur Entfaltung in der Fläche."5

Dabei empfindet Fruhtrunk den Sehvorgang als etwas Aktives und zutiefst Dynamisches: "Das visuell Wahrgenommene zieht uns nicht durch das Gestaltete hindurch in eine ?andere Welt?, sondern entwickelt sich im Sehvorgang als ständig Werdendes zu seiner rhythmisierten Lichtenergie zurück und durchstößt das von allem Benennungswert freie Farb-Licht."6

Um diese Ziele zu realisieren, ist der Künstler zugleich darum bemüht, die Bildsprache zu anonymisieren. Das hat zur Folge, daß es hier so etwas wie eine Handschrift oder Subjektivität nicht gibt. Er nimmt dadurch eine völlig konträre künstlerische Position zu den Stilrichtungen ein, wie sie etwa bei den Vertretern der informellen Malerei oder des abstrakten Expressionismus (Schumacher, Schultze etc.) zu finden sind. Bei ihm gibt es keine individuellen oder historisch überlieferte Bedeutungen. Die Farbe, das Farb-Licht bzw. der Sehvorgang selbst sind einziger "Inhalt".
Th. R.

1 Max Imdahl, Einführungstext zur Mappe
2 Hajo Düchting, Das Drama des Sehens, in: Günter Fruhtrunk, Künstler, Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst, Ausgabe 28, München 1994, S. 7
5 Fruhtrunk, zit. n.: siehe Anmerkung 2., S. 14
6 siehe Anmerkung 2., S.15

Literatur:
  • Rodiek, Thorsten / Brigitte Heise / Gerhard Gerkens / Hildegard Vogeler / Ulrich Pietsch / Susanne Peters-Schildgen: Geschenkt - Gestiftet - Gekauft, Hamburg: ConferencePoint Verlag, 2003

Inventarnummer: 1975-73-5

Signatur: signiert (u.m.: G. Fruhtrunk)

Signatur: nummeriert (u.l.: 87/140)


Ikonographie:     
Abstrakte, ungegenständliche Kunst