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Schüttbild

Objektbezeichnung:Gemälde
Sachgruppe:A. Gemälde
Hersteller:
Polke, Sigmar
Datierung:1985
Maße:H: 75 cm, B: 100 cm
Material:Pappe
Technik:Mischtechnik
Stil:Action Painting
Der 1953 aus der DDR nach Westberlin geflüchtete und später nach Düsseldorf übergesiedelte Künstler zählt heute zu den auch international bekanntesten deutschen Künstlern.

Sein Schüttbild von 1985 steht, was die Maltechnik betrifft, in der Tradition des amerikanischen "Action Paintings" eines Jackson Pollock, aber auch in der des französischen Tachismus oder des deutschen Informel der 40er und 50er Jahre. An deren Wiege selbst stand die "Écriture Automatique" des allen diesen Ströungen vorangegangenen Surrealismus.

Polke nutzte die gesamte Bildfläche, um darüber die Farbe auszuschütten. Beachtenswert hierbei ist, daß der dem Zufall unterliegende Malprozeß nicht vollkommen unkontrolliert durchgeführt wurde, sondern daß der Maler, wie es die Verläufe der schwarzen, weißen, rotbraunen und grünen Farbtropfen zeigen, das Bild immer wieder anders gestellt haben muß. Im Gegensatz zu Jackson Pollock, der in der Regel die Farbe über seine auf dem Boden liegenden Leinwände verteilte, hat Polke offenbar das mit feuchter Farbe getränkte Bild gedreht, um die netzartigen Tropfenverläufe zu erzielen. Dabei konnten die einzelnen Farbtöne nur nacheinander und nach dem jeweiligen Trocknungsprozeß der vorherigen einzelnen Farbe aufgetragen werden.

Auf diese Weise ergab sich die sehr lebendige, geflechtartige und zugleich auch sehr räumliche Schichtung des Gesamtbildes. Zufall und Kontrolle, Systematik und Freiheit, Geschlossenheit und Offenheit zugleich, das sind die hier gleichzeitig wahrzunehmenden Eigenschaften und Ambivalenzen des Bildes. Die sich darin manifestierende Malweise geht möglicherweise auf den Einfluß seiner Akademielehrer von 1961 - 1967 Gerhard Hoehme und Karl-Otto Götz zurück. Aber Polke arbeitet zugleich auch in anderen Stilen und ist von daher auch nicht als "Informeller" zu klassifizieren.

Indem er sich wie ein Manierist der Sprache des "Action Paintings" bedient, zielt er nicht darauf ab, diesen Stil als individuelle Ausdrucksform zu präsentieren, wie es die Repräsentanten dieser Kunstrichtung taten, sondern er begreift ein solches Bild als Manifestation eines wie auch immer gearteten Überindividuellen. Dadurch unterscheidet er sich entschieden vom Subjektivismus jener Künstler: "? - das Material und die Bilder sind nur beiläufige Verkörperungen einer Struktur, die egal ob groß oder klein immer global ist - nämlich Stil, der die Welt nicht deutet, sondern bedeutet?Kunst formuliert keine Lösungen - es sei denn falsche oder die von einer zweidimensionalen Wirklichkeit -, sondern Kunst hält Bilder fest, die die Wirklichkeit als Meta-Wirklichkeit formulieren, oder anders gesagt: ?nicht Kunst oder Fälschung? lautet die Devise, ?sondern Kunst plus Fälschung?."5 Demzufolge muß man diese Art des gestischen Stils bei Polke als eine Art Muster begreifen: "Strukturen, gleich welcher Provenienz, beinhalten Leere und Fülle, Abstraktheit und Konkretion, Verheißung und Erfahrung, Sein und Schein, Bedeutung und Nonsens. Wenn sie, wie in Polkes Werk, aus ihrem Zusammenhang gerissen werden, verwandeln sie sich in Muster, deren Wesen an der Oberfläche erscheint."6
Th. R.

5 Karin Stempel, "Warum sieht der Mensch die Dinge nicht ? Er steht selber im Wege: er verdeckt die Dinge", in: Sigmar Polke, Künstler, Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst, Ausgabe 7, München 1989, S. 7
6 siehe Anmerkung 5, S. 6

Literatur:
  • Rodiek, Thorsten / Brigitte Heise / Gerhard Gerkens / Hildegard Vogeler / Ulrich Pietsch / Susanne Peters-Schildgen: Geschenkt - Gestiftet - Gekauft, Hamburg: ConferencePoint Verlag, 2003

Inventarnummer: 1996-27

Signatur: bezeichnet und datiert (u.l.: S. Polke 85)

Abbildungsrechte: Kunsthalle St. Annen


Ikonographie:     
Abstrakte, ungegenständliche Kunst