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Objektbezeichnung:Gemälde
erweiterte Objektbezeichnung:Erich
Sachgruppe:Bildwerke / Bildende Kunst
Künstler:
Polke, Sigmar
Datierung:1996
Maße:B: 180 cm, H: 150 cm
Material:Leinwand
Technik:Dispersion
Stil:Concept Art
Das Gemälde entstand im Zusammenhang mit Sigmar Polkes Ausstellung „Transit“, die 1996 im Staatlichen Museum Schwerin gezeigt wurde. In der Ausstellung richtete er den Blick auf unterschiedlichste Aspekte der deutschen Gegenwartsgeschichte. Seine Werke jedoch allein im Sinne traditioneller Historienbilder zu betrachten, wäre zu kurz gegriffen, bedeutet doch „Transit“ für Sigmar Polke vor allem auch künstlerische Prozessualität. Sigmar Polke selbst ist 1953 aus dem Osten in den Westen geflohen, insofern fühlt sich zweifelsohne als „Produkt“ verschiedenster Übergänge: Insofern kommen in seiner Arbeit sowohl persönliche und künstlerische als auch politische Aspekte zur Kongruenz.
Die Entstehung des Bildes verdankt sich einem zufällig gefundenen Zeitungstext aus der Boulevard-Presse, der auf die makabre Fragestellung anspielt, was nach Erich Honeckers Tod mit seinen sterblichen Überresten geschehen soll. So heißt es auf dem Bild: „Und Erich? Den hat sie immer bei sich zu Hause. Denn Honeckers letzter Wunsch, auf der Gedenkstätte der Sozialisten in Berlin begraben zu werden, bleibt unerfüllt. Die Gedenkstätte (dort liegen Walter Ulbricht und Wilhelm Pieck) wurde vor drei Jahren geschlossen. Deshalb bewahrt Margot Honecker, die Asche ihres Mannes zu Hause in einer Urne auf.“
Betrafen zu Honeckers Zeit als Parteivorsitzender der SED die Abgründigkeiten der Geschichte immer Andersdenkende und Non-Konformisten, die zuweilen die DDR verlassen mussten oder große Nachteile in Kauf zu nehmen hatten, so betreffen die Ereignisse der Geschichte, auf die sich Polke in dieser Fussnote der Geschichte, nunmehr seine eigene Person, da sich niemand nach seinem Tod bereiterklärte, ihm ein ehrenvolles Grab auszurichten.
Sigmar Polkes Bild, zwar in schillernden Farben gemalt, gibt nur auf den zweiten Blick die eigentliche Szene preis, da Text und Darstellung ineinander übergehen. Jenseits des Sensationellen übersetzt der Künstler die Notiz ins Bildliche. Was vermutlich einmal in der Presse zu lesen war, löst er in jenem alles vereinheitlichenden Raster auf, und stellt die Urne ins kleinbürgerliche Wohnzimmerregal.
Der Betrachter gewinnt den Eindruck aufgrund der ins Grau changierenden violetten Farbigkeit, dass das Bild mit Asche gemalt sein könnte. Die Bedeutung des ehemals mächtigsten Mannes der DDR hat sich verflüchtigt, ist zu einem abstrusen Bild der Geschichte verkommen. Wo Honecker heute noch einen Platz hat, deutet das aufgeräumte Regal an: nämlich neben anderen Devotionalien der ehemaligen sozialistischen Produktpalette im Regal zu stehen.
Gerhard Graulich

Inventarnummer: 880sipo

Abbildungsrechte: Provinzial Kunstsammlung