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Drei Wappenschilde der England-, Bergen- und Nowgorod-fahrer

Objektbezeichnung:Wappenschild
Sachgruppe:X. Ämter / Zunft / Gesellschaft
Künstler:
Dreyer, Benedikt
Ort:Lübeck
Datierung:1527
Maße:H: 170 cm (Wappenschild der Bergenfahrer), B: 103,5 cm (Wappenschild der Bergenfahrer), T: 9 cm (Wappenschild der Bergenfahrer), H: 174 cm (Wappenschild der Englandfahrer), B: 102,5 cm (Wappenschild der Englandfahrer), T: 8 cm (Wappenschild der Englandfahrer), H: 177 cm (Wappenschild der Nowgorodfahrer), B: 103,5 cm (Wappenschild der Nowgorodfahrer), T: 13 cm (Wappenschild der Nowgorodfahrer)
Material:Eiche
Technik:geschnitzt
gefasst
Die Wappenschilde, aus senkrechten Bohlen zusammengefügt, jeweils in spitzer Rhombenform und mit umlaufenden, geperlten und gedrehten Randleisten. Die heraldischen Motive in kräftigem Hochrelief appliziert.
Der Schild der Nowgorodfahrer zeigt die Büste eines Mannes mit langem, wallendem, zweigeteiltem Bart in frontaler Ansicht. Er trägt eine russische Mütze, einen Hermelinumhang und ein Obergewand, das mit vier großen Zierknöpfen besetzt ist. Der Schild der England- beziehungsweise Londonfahrer zeigt den schwarz-goldenen Doppeladler, der gespaltene Schild der Bergenfahrer heraldisch rechts den halben Doppeladler und heraldisch links den Stockfisch ohne Kopf; die ursprüngliche Krone darüber ist verloren (vgl. Bruns 1900, S. CXV).

Von den ursprünglich vier großen Wappenschilden der England-, Bergen-, Nowgorod- und Brüggefahrer, die zur Ausstattung des Diele des Kompaniehauses gehörten und 1527 als "4 wapen Rußland, Flandern, Engelland, Bargen" (zit. nach Warncke 1917, S. 41-42) im Rechnungsbuch der Kaufleutekompanie - sowie in einer eigenen Kostenaufzeichnung des Hausvorstehers Hans Bruns - vermerkt sind, ist der Wappenschild der Flandern- oder Brüggefahrer verloren. Die heraldischen Embleme repräsentierten die wichtigsten hansischen Umschlagplätze, auf denen die auf bestimmte Sparten spezialisierten Lübecker Fernhandelskaufleute verkehrten und ihre Waren stapeln konnten. Die in den jeweiligen Kontoren niedergelassenen Gruppen, auch Natien genannt, besaßen bekanntlich in der Marienkirche ihre eigenen Gestühle (vgl. Inv.Nr.1892-65) und waren unter dem Dach der Kaufleute-Kompanie genossenschaftlich zusammengeschlossen.

Die Gesichtsgestaltung des Russen vom Schild der Nowgorodfahrer ist künstlerisch unmittelbar der Antoniusfigur verpflichtet, die Benedikt Dreyer bis August 1522 für das neue Flügelretabel der Antoniusbruderschaft (Inv.Nr. 1) ausführte. Die Wappenschilde dürfen ihm daher wohl in Gänze zwanglos zugeschrieben werden. Hinsichtlich der charakteristischen Kostümierung des Russen (Pelz, Mütze und große Knöpfe) und seiner Barttracht sei allerdings auch auf die Schlußsteinscheibe der Nowgorodfahrer von 1467 aus der Marienkirche verwiesen (Inv.Nr. 1951-57), die Dreyer gekannt haben wird.

Aus: Albrecht 2005, Kat. Nr. 246

Literatur:
  • Albrecht, Uwe: Corpus der mittelalterlichen Holzskulptur in Schleswig-Holstein, 1 Hansestadt Lübeck, St. Annen-Museum, Kiel: Verlag Ludwig, 2005
  • Milde, Carl Julius: Verzeichniss der Lübeckischen Kunstalterthümer, 1 (Inventar 1-139), Lübeck, 1855
  • Hach, Theodor: Wegweiser durch das Museum Lübeckischer Kunst- und Kulturgeschichte und dessen Kirchliche Halle, Lübeck, 1908 (6. Aufl.)
  • Schaefer, Karl: Führer durch das Museum für Kunst- und Kulturgeschichte zu Lübeck, Lübeck, 1915
  • Hasse, Max: Lübecker Museumsführer, 2 Bilder und Hausgerät, Lübeck, 1969
  • Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck: Meisterwerke aus acht Jahrhunderten, München, Berlin, 1989
  • Mantels, Wilhelm: Drei Wappenschilde Lübeckischer Kaufmannsgilden aus dem Anfange des funfzehnten Jahrhunderts, in: Zeitschrift des Vereins für lübeckische Geschichte und Altertumskunde, 2, 1867, S. 541-552
  • Mantels, Wilhelm: Beiträge zur lübisch-hansischen Geschichte. Ausgewählte historische Arbeiten., VI:Der im Jahre 1367 zu Köln beschlossene zweite hanseatische Pfundzoll (1862), Jena, 1881
  • Warncke, Johannes: Die drei großen Wappenschilde im Hansesaal des Museums, in: Mitteilungen des Vereins für lübeckische Geschichte und Altertumskunde, Heft 13, Nr. 3, 1917, S. 35-50
  • Warncke, Johannes: Die geschnitzten Wappenschilde im Hansesaal des Museums, in: Zeitschrift des Vereins für lübeckische Geschichte und Altertumskunde, Bd. 19, Heft 2, 1918, S. 258-259
  • Hasse, Max: Benedikt Dreyer, in: Niederdeutsche Beiträge, 21, 1982, S. 9-58
  • Smith, Jeffrey Chipps: German Sculpture of the Later Renaissance c. 1520-1580, Princeton, 1994
  • Erichsen, Johannes: 1000 Jahre Mecklenburg, Güstrow, Schloß, 1995

Inventarnummer: 133

Abbildungsrechte: St. Annen-Museum


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